„Baum der Werte“ wird feierlich gepflanzt

In einer gut 20-minütigen Zeremonie pflanzten am 27.01.2023 während der 4. Unterrichtsstunde Mitglieder der Schulgemeinschaft den „Baum der Werte“ am Eingang des Schulgeländes. Trotz winterlicher Temperaturen schmücken bunte Früchte die Zweige des Apfelbaumes; auf laminier­tem Papier haben Fünftklässler:innen Werte geschrieben, die sie als wichtig erachten wie beispiels­weise „Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Respekt und Gleichberechtigung“.

Der Apfelbaum hat seinen Standort in der Nähe des „Steins des Friedens“. Der „Stein des Frie­dens“ steht seit 2014 als ein Teil der europäischen „Straße des Friedens“ – die quer durch Europa den Friedensgedanken sichtbar macht und zur Völkerverständigung aufruft – in der Mitte unseres Pau­senhofes.

Der Impuls, einen Baum der Werte zu pflanzen, kam aus der Mitte der Schülerschaft. Nach den schrecklichen Polizistenmorden im Kreis Kusel vor einem Jahr war die Trauer und das Entsetzen innerhalb der Schülerschaft so groß, dass man sich überlegte, wie man zum einen diesem Verbrechen geden­ken kann und zum anderen dazu beitragen, dass solche Verbrechen innerhalb von Lebensgemein­schaften nicht mehr vorkommen. So entstand die Idee eines „Baumes der Werte“ – durch die Beto­nung der Werte soll der Baum ver­anschaulichen, dass das geschehene Unrecht dieser Gewalttat nicht vergessen wird.

Der Schulleiter Herr Schneider zitiert August Bebel, den Begründer der deutschen Sozialdemokra­tie: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann Zukunft verantwortlich gestalten“ sowie den ehemali­gen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „Wer vor der Vergangenheit die Augen ver­schließt, wird am Ende blind für die Gegenwart.“ Seine Erläuterung dieser Gedanken führt aus, dass diese Inhalte ebenfalls für den Holocaust-Gedenk­tag am 27. Januar geeignet sind. An diesem Datum gedenken wir der Verbrechen, die auch an jüdischen Menschen im Nationalsozialismus verübt wor­den sind.

Letzterer Gedanke wird von Leon Altherr aufgenommen. Hinter beidem, dem systematischen Ver­brechen eines Gewaltregimes und dem grauenhaften Verbrechen an einer Polizistin und einem Poli­zisten, gehe es um Werte, die gebrochen worden sind. Werte, die aber fundamental sind und ein menschliches und demokratisches Miteinander garantieren wollen. Leon Altherr, Carla Hoffmann und Madita Stuppi vertreten die Schüler:innen der Jahrgangsstufe 13, die sich in der schulischen Trauerarbeit stark engagiert sowie die Baumpflanzung initiiert haben.

Herr Reh, Lehrer evangelische Religion sowie Schulpfarrer, veranschaulicht in seiner Ansprache die Dimension der in der Zeremonie so oft benannten Werte. Er greift hierzu auf Worte des Abtes des Klosters Tholey zurück, der unsere gegenwärtige Gesellschaft wie folgt beschreibt: „Der Verlust an Dialogfähigkeit ist ein Kennzeichen unserer Gesellschaft geworden.“ Die Individualisierung nehme so große Ausmaße an, dass das übergroße „Ich“ wenig Platz für das „Du“ lasse. Daher müssen die Menschen wieder mehr miteinander sprechen, in einen Austausch kommen und Verständnis für ihr Gegenüber entwickeln. In einem sich daraus entwickelnden „Wir“ können sich Werte einer Ge­sellschaft entfalten und gelebt werden.

Eingeladen ist auch Frau Simone Hilpüsch als Vertreterin der Polizeidienststelle Kusel. Sie zeigt sich sehr gerührt von dem Engagement der Schulgemeinschaft. Vor ungefähr einem Jahr waren die Po­lizist:innen überwältigt von den Briefen und Bildern, die die Schüler:innen des Siebenpfeiffer-Gym­nasiums ihnen überbracht haben. Besonders ergriffen waren sie von dem Zweig mit Engeln und Texten, der ihnen mitsamt der oben genannten Trauerbotschaften überreicht wurde. Diese gaben vielen Polizist:innen Kraft und Halt in der schwierigen Zeit und vermittelten ihnen das Gefühl, mit ihrer Trauer und Wut nicht allein zu sein. Der Zweig stand lange vor der Polizei­dienststelle in der Erde und wurde nun ebenfalls durch einen Baum ersetzt – eine Gemeinsamkeit bei­der Institutio­nen.

Neben Herrn Reh hat auch Herr Burkart, Leiter der Weltethos-AG, die Schüler:innen sehr bei ihrem Vorhaben unterstützt. Er ist hauptverantwortlich, dass unsere Schule demnächst „Weltethos-Schu­le“ wird. Die Schulauszeichnungen „Schule gegen Rassismus – Schule mit Coura­ge“ und „Weltethos-Schule“ sollen keine bloßen Lippenbekenntnisse oder leere Versprechungen sein. Viel­mehr verpflichteten uns diese Titel, dass wir uns couragiert einsetzen für ein verantwor­tungsvolles Miteinander, für Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden. Der „Baum der Werte“ diene der Erinnerung an Verbrechen – hier vor Ort, in unserer eigenen Geschichte und einem Krieg mitten in Europa – bei denen Werte gebrochen werden – und im Blick auf unsere Ge­genwart und Zukunft, in der wir Werte eines Miteinanders nötig haben.

Abschließend erklärt Madita Stuppi, dass der Apfelbaum täglich an die Werte, die unser Zusam­menleben tragen und bestimmen, erinnert und hebt hervor, dass Werte nur so viel wert sind, wie sie gelebt werden.

Die einzelnen Ansprachen wurden von verschiedenen musikalischen Beiträgen feierlich umrahmt: Klezmer Musik (Emil Hollinger, 9d, und Malte Theiß, 9a), Lied „People help the people“ (Lilly Case, Emily Herrmann und Maja Render, MSS 11), Hymne der Europäischen Union (Bläserensemble der MSS 13, Carla Hoffmann, Peter Jung, Nele Schmitt).

Der Baumpflanzung wohnten bei leichtem Schneefall einige Klassen bei, alle Klassen wiederum verfolgten die Baumpflanzung per Livestream in ihren Klassenräumen. Herr Mi­chael Theis, techni­scher Assistent, hat diese Möglichkeit in professioneller Vorbereitung ermög­licht. Dank gebührt auch Herrn Uwe Jung, unserem Hausmeister, der durch das Aufstellen der Pavillons und der Bühne dazu beigetragen hat, dass die Redner:innen und Musiker:innen im Trockenen stehen konnten. Dank der Übertragung in die Klassenzimmer wissen nun alle Schüler:innen und Lehrer:innen um die Bedeutung dieses Bau­mes und können so seine Intention im Unterricht aufgreifen und täglich leben.