Erinnerungen aus der Schulzeit

„100 Jahre SGK – Vom Staatlichen ProGymnasium Kusel (1924) zum Siebenpfeiffer-Gymnasium Kusel (2024)“ feiert das Gymnasium in der Kreisstadt in diesem Jahr. Die RHEINPFALZ hat zum Geburtstag der Schule einen Aufruf gestartet. Gesucht wurden Erinnerungen – egal ob von (ehemaligen) Schülern oder Lehrern. Herausgekommen ist ein bunter Strauß an Anekdoten und Erlebnissen aus vergangener Zeit.

Deutsch-Französische Freundschaft

1948: Drei Jahre nach dem Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges lag Kusel in der französischen Besatzungszone. Französisch wurde die erste Fremdsprache, die von den Erstklässlern des Gymnasiums, den Sextanern, gelernt werden musste.

Wir kleinen, deutschen Lausbuben und -mädchen wurden von zwei jungen Französinnen unterrichtet. Eine hatte, soweit ich mich erinnere, blonde Haare, sie hieß Ignal. Die andere war dunkelhaarig und trug den Namen Allot.

Mangels genügend Raum für das Gymnasium war unsere Klasse in der Volksschule, der Luitpoldschule, untergebracht. Die erste Französischstunde dürfte wohl kaum bei einem von uns Schülern und auch nicht bei der Lehrerin in Vergessenheit geraten sein.

Einige von uns jungen Buben bauten sich damals ein Knallgerät; in ein kurzes, etwa 15 Zentimeter langes Rundholz mit etwa zwei Zentimeter Durchmesser wurde eine Metallhülse (eine Art Hohlnagel) geklopft. Die Köpfe einiger Streichhölzer wurden von uns abgeschabt und dieses Material in die Metallhülse gestopft. Dann setzte man einen Nagel darauf und schlug das Holz mit einem kräftigen Schwung an eine Wand. Das gab einen lauten Wumms, es rumste gewaltig.

Einer von uns Lausbuben – Rainer – hatte solch einen selbstgebauten Rumsapparat mitgenommen in die Schule. Als die Französisch-Lehrerin den Klassenraum betrat und zum ersten Mal vor uns stand, schlug er sein Rumsgerät an die Wand – es knallte mächtig, die Lehrerin erschrak sichtbar und fragte, nachdem sie sich von dem Schock etwas erholt hatte: „Wer war das?“ Rainer hob sofort die Hand. Madame Allot forderte ihn auf, mitzugehen zum Direktor der Schule. Die Lehrerin marschierte mit dem „Täter“ los – ohne Handschellen – und ließ uns alle furchtsam, erstarrt zurück.

Nach einiger Zeit – diese erschien uns ellenlang, es waren aber vermutlich nur zehn Minuten – kamen die beiden wieder zurück. Rainer erzählte dann, dass er der Lehrerin das Rumsgerät erklärt hat und sie ihm ins Gewissen geredet hat, er solle solche Aktionen gefälligst sein lassen. Die Französisch-Lehrerin war also mit dem „Übeltäter“ nicht zum Direktor gegangen, sondern löste das Problem selbst.

Von diesem Tag an, dem ersten mit Mademoiselle, waren wir eine Klasse, die sich zumindest im Französisch- Unterricht immer ordentlich, ordnungsgemäß, brav benommen hat – ein Herz und eine Seele.

Rolf Dick, Kusel

Die Geschichte einer Verwechslung

Natürlich ist mir bewusst, dass mein Vorname Melanie in den 70ern inflationär oft vergeben wurde. So wie die Hans-Jürgens in den 60ern und in den 90ern die Kevins und Selinas in Massen vorkamen. Sicher haben in mancher Schulklasse mindestens zwei davon gesessen und es war für die Lehrer bestimmt nicht immer leicht.

Meine Schulfreundin Melanie und ich trafen uns zum ersten Mal im Gymnasium Kusel 1986. Außer dem gleichen Vornamen verbanden uns die Zugehörigkeit zur Klasse 5 und 6 f, später 7 bis 10 d und in der Oberstufe der Biologie- und der Deutsch-Leistungskurs. Auch vom Aussehen her verband uns eher ungewollt eine gewisse Ähnlichkeit. Wir hatten die gleiche Größe, eine ähnliche Figur und eine helle Haut mit Sommersprossen. Melanie hatte blonde Naturlocken und ich die obligatorische 80er/90er Dauerwelle in Rotblond, beide schulterlang.

Nun war trotz dieser Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten Verwechslung nie ein Problem gewesen, bis wir in der Oberstufe eine bestimmte Lehrerin bekamen. Obwohl diese es nie zugegeben hätte, hatten wir beide die Vermutung, dass sie uns ständig verwechselte. So haben wir sehr sicher ab und zu Noten der anderen abbekommen. Anders waren gerade die mündlichen Noten oft nicht zu erklären. Wir nahmen dies zwar zähneknirschend, aber mit Humor hin und machten 1995 unser Abitur.

Die Bestätigung unserer Vermutung folgte 31 Jahre nach dem ersten Verdachtsfall. Auch mein Sohn Peter hatte jene Lehrerin im Deutsch-Leistungskurs, machte im Frühjahr 2023 sein Abi und verließ die Schule. Während seiner Schulzeit traf ich sie des Öfteren bei Schulveranstaltungen und wir parlierten munter. Sie wusste ganz genau, dass ich Peters Mutter bin und so dachte ich, dass sie mich endlich für die Melanie hielt, die ich bin.

Nun hat auch meine Freundin Söhne, die immer noch das Gymnasium besuchen. Lasse und Malte wurden ebenfalls einige Jahre von dieser Lehrerin in Deutsch unterrichtet, Lasse absolvierte die Streitschlichter-Ausbildung bei ihr. Ebenso traf meine Freundin bei Schulveranstaltungen auf die Lehrerin und unterhielt sich mit ihr, auch öfter über die alten Zeiten.

Als Melanie vergangenen Herbst am Schultor auf ihre Buben wartete, wurde sie von der Lehrerin gefragt, was denn ihr Sohn Peter mache …

Meine Dauerwellenmatte ist verschwunden, Melanie hat noch ihre tollen Naturlocken, beide sind wir keine 18 mehr, aber manche Dinge ändern sich nie!

Melanie Schäfer-Jung, Selchenbach

Schulbuch des Bürgermeisters

Vor ungefähr 50 Jahren gab’s einen Secondhand-Schulbuchbasar im Jugendhaus Kusel. Dort entdeckte ich einige Bücher, die 1,90 D-Mark kosteten. An der Kasse wurde ich darauf hingewiesen, bitte nur eins zu nehmen, damit noch andere in den Genuss eines billigen Buches kämen.

„Haci“ hat alle seine Schulbücher zu diesem Preis angeboten. Er war damals schon sehr sozial – der Kusler Bürgermeister Jochen Hartloff.

Ich war sehr froh mit diesem Schnäppchen und besitze es heute noch.

Gudrun Cassel-Pfeiffer, Steinwenden

Viele nette, aber auch „spezielle“ Lehrer

In meiner Gymnasialzeit, die ich in der Zeit von 1954 bis 1963 im Gymnasium Kusel verbracht habe, habe ich viele nette, aber auch „spezielle“ Lehrer mitgemacht. Zum Beispiel Frau Renz, unsere Sportlehrerin, die uns manchmal in ihrem Privatauto ins Hallenbad nach St. Ingbert mitgenommen hat. Wir saßen wie die „Sardinen in der Bücks“, weil es in Kusel noch kein Hallenbad gab. „Frollein“ Lösdau, Mathematik, bei der wir die Rechenregeln „Punkt vor Strich“ in Reimen und singend mit dem Refrain „Ja, ja so wird’s gemacht, ja, ja, ja, so“ gelernt haben. (An den ganzen Text kann ich mich leider nicht mehr erinnern, vielleicht kann das sonst jemand?)

Herr Krieger, „Miles“ genannt, unser Lateinlehrer, der mit uns in den Ferien etliche Male ins Schullandheim nach Norderney fuhr. Auf der Busfahrt dahin sangen wir sämtliche Wanderlieder, die ich heute noch kenne. Herr Müller, genannt „Simpel“, unser Chemie- und Physiklehrer, dessen scharfes „Frank, an die Tafel“ mir die Knie weich werden ließen.

Herr Pöppel, Mathematik, der an der Tafel heftig mit verschiedenen Kreidefarben arbeitete und dessen Kleidung am Ende der Stunde mit mehreren Farben „dekoriert“ war. Und Herr Otto Hartloff, bei dem montags in Biologie abwechselnd jemand Naturpflanzen mitbringen musste, die dann bestimmt wurden. Wenn man das aber mal vergessen hatte, graste man im Umkreis der Schule ein paar Pflanzen zusammen und erbettelte bei Hausmeister Danner ein Stück Zeitung, um sie einzupacken. Aber wenn diese Zeitung vom Tage war, merkte das Herr Hartloff und man war als „Vergesser“ entdeckt.

Birgit Spengler, Kusel

Vom Schüler zum Maler zum Lehrer

„Die Schule ist für den jungen Menschen das, was für die Pflanze der Mist ist.“ Diese Worte zieren die Titelseite der „Bierzeitung“ des Abi-Jahrgangs 1964. Gestaltet wurde sie von unserem Klassenkameraden Lothar Emrich. Später wurde er heimischer, freier Maler und Kunstlehrer am Gymnasium Kusel.

Gunter Weber, Altenglan

Ein Sprung ohne Folgen

Das Jahr ungefähr 1954: Wir waren vielleicht 14 oder 15 und hatten Gemeinschaftskunde in einem neueren Gebäude, dem „Salzhaus“, neben dem altehrwürdigen ProGymnasium.

Kurze Zeit später folgte der Umzug ins neue Gymnasium – dem „Horst-Eckel-Haus“. Unsere etwas unbedarfte Studienrätin konnte dem äußerst lebhaften und ohrenbetörenden Krach nicht Herr werden und sperrte uns kurzerhand im Saal ein. Aber so konnte man mit uns nicht umgehen. Kurzerhand öffneten wir ein Fenster und sprangen zu fünft auf ein darunterstehendes Dach.

Fort waren wir! Unser Glück war: Ein Mitschüler war der Sohn unseres Herrn Direktor, Dr. Julius Gerlach, ein anderer der Sohn des Amtsrichters Jung. Die Geschichte verlief zum Glück im Sande.

Heiner Mühlhan, Kusel

„Die letzten Dinosaurier“ einer wunderschönen Zeit

Als Schülerin, Abiturjahrgang 1981, habe ich eigentlich fast nur positive Erinnerungen an meine neunjährige Schulzeit am Gymnasium Kusel.

Wir waren ab der Klassenstufe 7 eine sehr eingeschworene Klassengemeinschaft, die selbst die Jahre in der Oberstufe durchgehalten hat, Mobbing war uns damals unbekannt.

Nach mehr als 40 Jahren zehre ich auch heute noch von diesen Erfahrungen, denn damals wurden einige Grundsteine für mein weiteres Leben gelegt.

Unter anderem nahm ich 1974 zum ersten Mal an dem damaligen Schüleraustausch des Gymnasiums Kusel mit dem Lycee in der Partnerstadt Toucy teil und dadurch wurde meine Liebe zu unserem Nachbarland Frankreich schlagartig geweckt und hält übrigens bis heute an.

Ich hatte das große Glück, dass ich dort eine großartige weltoffene Familie vorfand und ich über viele Jahre sozusagen „ein- und ausging“.

Einen ganz großen Anteil am Gelingen des Schüleraustauschs hatten natürlich die damals Verantwortlichen des Schüleraustauschs: Gerd Krieger und Bernard Coulon auf französischer Seite.

Meine Freundin aus Frankreich ist mir über all diese Jahre ans Herz gewachsen und ich kann mit Stolz behaupten, dass sie ein wichtiger Teil meines Lebens ist. Längst sind jährliche Besuche an der Tagesordnung, über Ostern ging es für uns wieder Richtung Toucy.

Vergangenes Jahr haben wir zusammen unser 50. Freundschaftsjubiläum gefeiert und natürlich hoffen wir, dass wir alles noch viele Jahre fortsetzen können.

All diese Erfahrungen konnte ich nur mithilfe des Gymnasiums Kusel machen. Umso mehr bedauere ich, dass der Schüleraustausch mit Toucy vor Jahren eingestellt wurde und wir beide wohl „ die letzten Dinosaurier“ aus dieser wunderschönen Zeit sind.

Doris Müller, Gries

Feuchtfröhlicher Wandertag

Wandertag der 10b in den frühen 90-ern. Und damals wurde noch gewandert! Das Ziel des geplanten Marsches ist mir leider entfallen, erinnern kann ich mich aber daran, dass für Hin- und Rückweg je circa zwei bis 2,5 Stunden eingeplant waren. Für pubertierende Teens ziemlich viel Strecke in weiter Natur, also musste für Abwechslung gesorgt werden. Die Lösung war schnell gefunden: Ein wenig Wodka – oder war es Barcardi? – in Onkel Dittmeiers Orangenextrakt und die Tour konnte starten. Es kam, wie es kommen musste: Das Destillat entfaltete trotz Verdünnung in 1,5 Liter Fruchtsaft seine Wirkung, hob die Stimmung und bremste die Kolonne. Nach dem fünften oder sechsten Zwischenstopp, der das Aufschließen der heiter singenden Nachzügler ermöglichen sollte, nahm die Klassenlehrerin misstrauisch eine Kostprobe der Flascheninhalte.

Konsequenzen wurden angedroht, Eltern informiert, getagt und eine gemeinnützige Strafe verhängt. Die Schar der ertappten Schüler wurde dazu verdonnert, an einem Samstagmorgen anzutreten und die vernachlässigte Chemiesammlung auf Vordermann zu bringen. Alsbald wurden also wochenends Vitrinen geputzt, Reagenzgläser gereinigt, Bücher entstaubt und Chemikalien sortiert. Es dauerte nicht lange und durch die am Wochenende verwaisten Flure des Schulgebäudes hallten Gitarrenriffs aus mitgebrachten Ghettoblastern und der grölende Gesang aus stimmbrüchigen Kehlen. Begeistert vom Engagement der Schüler spendierte die Lehrerin zum Abschluss der Aktion ein gemeinsames Frühstück, inklusive Fruchtsaft, allerdings ohne besondere Zusätze. Die Sanktionen führten dazu, dass das Verhältnis zwischen Lehrerin und Klasse fortan besser war als je zuvor. Und die Chemiesammlung nie so sauber und aufgeräumt war wie an diesem Tag!

Christian Böhnlein, Altenkirchen

Glücksfall für Lehrer-Ehepaar

Im Jahr 1961 wurde mein Ehemann, Lotar Falk, dem Gymnasium in Kusel als Studienassessor zugewiesen. Wir machten uns sofort auf, um Kusel zu besichtigen. Damals gab es die Autobahn von Landstuhl nach Kusel noch nicht. Die Fahrt ab Kaiserslautern über die Dörfer mit unserem Mini-Auto kam uns unendlich lang vor.

In Kusel wurden wir am Gymnasium sehr freundlich aufgenommen. Direktor Dr. Gerlach besorgte uns sofort eine Wohnung. Die Schule befand sich zu der Zeit im heutigen Horst-Eckel-Haus. Es gab nun etwa 24 Lehrer und drei Lehrerinnen. Es bildeten sich zwei Freundeskreise: die Älteren und die Jüngeren. Alle Geburtstage wurden zusammen gefeiert. Auch die Ehefrauen hatten Kontakt zueinander.

In den nächsten Jahren stieg das Interesse an weiterführenden Schulen stark an. In rascher Folge wurde die Realschule Kusel gegründet, ein Neubau des Gymnasiums errichtet und die gemeinsame Orientierungsstufe eingeführt. Mehr Lehrer wurden gebraucht. So konnten Frauen, darunter auch ich, in Teilzeit unterrichten. Kusel und sein Gymnasium waren für uns ein Glücksfall.

Ute Falk, Konken

(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rheinpfalz)

https://epaper.rheinpfalz.de/EPaper/PHP-Files/archivedpages.php#

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Westricher Rundschau – Nr. 77
DatumDienstag, den 2. April 2024
Seite22