Verhängnisvolle Autogrammstunde

„100 Jahre SGK – Vom Staatlichen ProGymnasium Kusel (1924) zum Siebenpfeiffer-Gymnasium Kusel (2024)“ feiert das Gymnasium in der Kreisstadt in diesem Jahr. Die RHEINPFALZ hat zum Geburtstag der Schule einen Aufruf gestartet. Gesucht wurden Erinnerungen. Herausgekommen ist ein bunter Strauß an Anekdoten und Erlebnissen aus vergangener Zeit.

Von (Schul-)Freundschaft bis Familiengründung

Mit Einstieg in die gymnasiale Oberstufe wurde unser Klassenverband im Jahr 1999 aufgelöst und in die Leistungs- und Grundkurse verteilt. Bei meiner Kombination hatte ich nur wenige meiner alten Klassenkameraden bei mir in den Kursen. In meinem A-Leistungskurs Biologie kannte ich aus meiner alten Klasse nur ein Mädchen, mit dem ich schon einige Jahre locker, platonisch befreundet war.

Aufgrund der Tatsache, dass wir beide viele unserer neuen Kursmitschüler noch nicht gut kannten, setzen wir uns nebeneinander und wie es im Leben oft so kommt, wurde aus Freundschaft und netten Gesprächen während und nach dem Unterricht über die Zeit mehr.

Schließlich wurde daraus die erste große Liebe, die mit kurzen Pausen die gesamte Oberstufe, das Abitur und auch unser Studium an der Universität des Saarlandes (in verschiedenen Fachrichtungen) überdauert hat und später in Hochzeit, Hausbau und Familiengründung mündete. Heute sind wir seit fast 25 Jahren zusammen, seit 16 Jahren glücklich verheiratet und Eltern von vier Kindern, von denen mittlerweile die beiden ältesten Töchter ebenfalls das Gymnasium Kusel besuchen.

Björn Göddel, Herschweiler-Pettersheim

„Kulturelle Veranstaltungen mit höchstem Niveau“

Während meiner Schulzeit in der Oberstufe hatte ich einen Deutschlehrer, dessen Spitzname hier schon erwähnt wurde (Westricher Rundschau vom 2. April). Dieser sammelte interessante Dorfgeschichten und versuchte sich auch als Theaterautor in Mundart.

Während des Unterrichts forderte er uns des öfteren auf, dieses Stück auch mal zu besuchen. Das stieß bei uns aber nicht auf fruchtbaren Boden. Eines Morgens entdeckte ich dann an der Pinnwand bei uns in der Küche eine Eintrittskarte zu diesem Theaterstück, da – wie sich herausgestellt hat – meine Mutter eine Vorstellung besucht hatte. Kurz entschlossen packte ich mir die Karte und legte sie mir in der nächsten Unterrichtsstunde auf mein Mäppchen. Dies fiel dem Lehrer natürlich direkt auf. Er hob sie mit seiner Hand hoch wie eine Urkunde und sprach: „Der Schultheiß, er spricht nichts, wirkt immer abwesend, besucht aber kulturelle Veranstaltungen mit höchstem Niveau.“

Durch dieses gelungene Täuschungsmanöver katapultierte ich meine Epochalnote enorm nach oben.

Doch meinen Abiturschnitt konnte ich damit nicht erheblich verbessern aufgrund meiner Schwächen in analytischer Geometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnen sowie tiefen Geschichtslücken bis hin zu meinen gepflegten Pub-Englisch-Kenntnissen.

Udo Schultheiß, Dennweiler-Frohnbach

Spätes Wiedersehen mit dem „Direx“

Anfang der 60er Jahre. Das Gymnasium war noch in der Lehnstraße. Wir hatten Musik, es klopfte und Herr Dr. Julius Gerlach stand vor uns. Der Direx!

Er erklärte uns Fünftklässlern, dass die ganze Schule mit einem Sonderzug vom Kuseler Bahnhof aus einen gemeinsamen Ausflug machen würde. Nach Bad Kreuznach oder nach Heidelberg, ich weiß es nicht mehr.

Ich nutzte die Gelegenheit, meine Flöte zu putzen, zog vorsichtig das Mundstück ab und blies kräftig hinein. Aber anstatt wie vermutet nur Spucke, kam ein lauter Pfeifton heraus. Am liebsten wäre ich im Boden versunken oder mindestens unsichtbar geworden.

Es war ganz still. Der Direktor drehte sich zu mir um, lächelte und sagte: „Oh, da lässt einer schon den Zug abfahren. Aber das dauert noch ein bisschen.“ Mir fielen Wackersteine vom Herzen.

Jahre später, mittlerweile erwachsen, begegnete ich Herrn Dr. Gerlach im alten Interkauf in Kusel. Er, schon lange in Pension, aber mit Anzug, weißem Hemd und Schlips, kannte mich natürlich nicht, er sprach mich an: „Kannscht du mer mol saan, wo ich do die Bild-Zeidung finne kann?“ Ich half ihm gern.

Helmut Fehrentz, Erdesbach

16. Geburtstag an der Nordsee

Ich erinnere mich noch gerne an meine Schulzeit zurück, die noch im alten Haus begann und dann ins jetzige Gebäude umzog. Spontan fiel mir unsere Abschlussfahrt nach der mittleren Reife nach St. Peter-Ording ins Haus Viking ein. Die Klasse 6d mit Klassenlehrer Herrn Groh fuhr eine Woche an die Nordsee.

Schon die Zugfahrt von Kusel nach Hamburg, natürlich nicht mit dem ICE, war aufregend. Die vielen Umstiege weiß ich nicht mehr, nur noch die Ermahnungen von Herrn Groh, dass wir nichts im Zug liegenlassen und auf unsre Sachen aufpassen sollen. Frau Groh war für uns Mädels zuständig und immer Ansprechpartnerin.

Das Besondere für mich war aber mein Geburtstag am 8. September: Ich wurde 16! Zum Frühstück wurde ich mit einem Lied und einem Blumenstrauß empfangen. Unvergesslich! Ich bin auch heute noch Nordsee-Fan.

Sonja Kerth, Knöringen

Ungeschoren davongekommen

Ich weiß nicht mehr ganz genau, ob es das Jahr 1990 war, aber das wird sich feststellen lassen. Unser Mathematik-Grundkurs 12 bei Herrn Müller aus Konken (MBK = Müller, Bernd, Konken) frönte in der Doppelstunde nicht nur der Wahrscheinlichkeitsrechnung, sondern beschäftigte sich intensiv mit unserem Bundesliga-Tippspiel.

Nach anfänglichen Bedenken ließ sich MBK als großer Fußball-Fan einfangen und beteiligte sich an den wöchentlichen Tipps, deren Ergebnisse dann ausführlich wieder in der nächsten Stunde diskutiert wurden. Das Mathelernen kam dabei nie zu kurz, denn nur wenn wir unsere Arbeiten erledigten, nahm sich Herr Müller auch Zeit für das Tippspiel.

Nun berichtete die RHEINPFALZ, dass Torwart-Legende Sepp Maier für eine Autogrammstunde in den damaligen Interkauf (heute Wasgau) kommen sollte. Das Problem war nur, der Besuch des Weltmeisters fiel genau in unsere Mathe-Doppelstunde.

Mein Freund Andreas Pees und ich waren damals schon treue Bayern-Fans, die danach noch oft den gemeinsamen Weg ins Olympiastadion antreten sollten. Natürlich wurde die anstehende Autogrammstunde heiß diskutiert und Herr Müller machte uns klar, dass eine Abwesenheit nicht zu dulden wäre. Wir versprachen ihm viel, doch er ließ sich nicht erweichen.

Eine Anfrage bei der Schulleitung hätte ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Nun war guter Rat teuer, aber am Ende setzte sich die Fußball-Liebe durch und wir hatten am besagten Donnerstag unser Autogramm und mit der Bayern-Legende kurz gesprochen.

Brav gaben wir am nächsten Tag unsere Entschuldigung bei der MSS-Leitung ab (starke Kopfschmerzen), ohne zu ahnen, was bereits in der RHEINPFALZ zu sehen war: Der Bericht über die Autogrammstunde war natürlich mit einem Bild versehen und wer bekam gerade am Tisch vom Maier Sepp Autogramme, als die Kamera klickte? Eindeutig waren da zwei Schüler des Gymnasiums in erster Reihe und strahlten mit dem Bayer um die Wette. Doch MBK war nicht nur ein guter und netter Lehrer, sondern er bewies auch Humor.

Außer einem drohenden Finger und ein paar Kommentaren ließ er uns ungeschoren davonkommen, da er auch unseren Mut honorierte.

Das konnten wir uns einfach nicht entgehen lassen. Wann hatte man in den 90ern die Chance, einem Vereinsidol einmal so nahezukommen? Das Autogramm mussten wir natürlich vorzeigen und das Tippspiel erlebte noch viele Auflagen.

Matthias Decklar, Etschberg

(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rheinpfalz)

https://epaper.rheinpfalz.de/EPaper/PHP-Files/archivedpages.php

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Westricher Rundschau – Nr. 85
DatumDonnerstag, den 11. April 2024
Seite12