Verteidigung mit Tritten und Worten

Es geht ebenso um selbstbewusstes Auftreten wie um Kniffe und Griffe, um sich gegen einen Angreifer zur Wehr zu setzen: Ein Anti-Mobbing-Coach übt mit Sechst- und Siebtklässlern am Kuseler Siebenpfeiffer-Gymnasium. Die nehmen ein gutes Gefühl für sich und die Klassengemeinschaft aus dem Training mit.

Von Guido Schönfelder

 
Kusel. Der großgewachsene Mann nähert sich dem Jugendlichen direkt von vorn und setzt sofort zum Würgegriff an. Doch der Junge ist darauf vorbereitet. Blitzschnell erkennt er die Situation und lenkt die Hände des Angreifers zur Seite. Der anschließende Verteidigungsschlag ins nun ungeschützte Gesicht des Aggressors lässt diesen schließlich fluchtartig das Weite suchen.

Die Szene ist gestellt, aber Situationen wie diese gehören zur Realität. „Deshalb ist es wichtig, dass Kinder wissen, wie sie hier bestmöglich reagieren.“ Das sagt Kris Natter, Anti-Mobbing-Coach von Kampfkunst Herz, einer Sportschule aus Ramstein-Miesenbach, die seit mehr als 20 Jahren Kinder und Eltern im Kampf gegen körperliche und seelische Gewalt unterstützt. Der Dienstleister präsentiert hierfür ein Gewaltpräventionsprogramm für Kinder, das nachhaltig helfen soll, Problemsituationen im Alltag durch Selbstverteidigung über eine gestärkte und selbstbewusste Persönlichkeit zu meistern.

Kris Natter ist Gast am Kuseler Siebenpfeiffer-Gymnasium. Der Förderverein der Schule wollte gezielt etwas gegen die Strukturen des Mobbings bewirken und stellte bei Simone Schnipp vom CJD einen entsprechenden Antrag. Schnipp ist Koordinatorin des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ für den Landkreis Kusel, das für die Finanzierung des Projektes verantwortlich zeichnet. Sie begrüßt es ausdrücklich, dass „sinnvolle Projekte wie dieses nicht nur ermöglicht, sondern auch von den Jugendlichen mit großem Interesse angenommen werden“. Und es zeige geradezu beispielhaft, dass Schule mehr sei als nur Zahlen und Figuren.

Die Schüler der Klasse 7c hören und schauen an diesem Morgen in der Turnhalle des Gymnasiums gespannt zu, wenn Kris Natter demonstriert, worauf es bei der Verteidigung mit Schlägen und Tritten aber auch mit Worten ankommt. Und sie ziehen bei den Übungen eifrig mit. Klassenlehrerin Sabine Klaßen assistiert derweil dem Coach und wehrt mit einem Sportkissen bewaffnet die zuvor besprochenen Abwehrmechanismen ihrer Schüler ab. „Wichtig ist, der angreifenden Person selbstbewusst gegenüberzutreten“, sagt Natter. Idealerweise erst durch ein „Stopp“ mit lauter und kräftiger Stimme – und dann mit selbstbewusster Entschlossenheit. Es gelte, nicht zurückzuschrecken und im Verteidigungsfall in den Angriffsmodus zu wechseln.

Unter den zwei Dutzend Schülerinnen und Schülern der 7c ist auch Moritz Jung. Der 13-Jährige aus Ulmet findet Tipps zur Selbstverteidigung gut und richtig. „Situationen, die wir hier trainieren, können immer mal vorkommen, da gibt es mir ein gutes Gefühl, wenn ich weiß, wie ich reagieren muss.“ Ähnlich sieht es seine Klassenkameradin Lea Henrich. Das Mädchen fühlt sich durch den Workshop mit Kampfkunst Herz sicherer und sieht in den Einheiten zudem eine gute Chance für die gesamte Klasse, noch enger zusammenzuwachsen. „Das erhöht auch den Schutz jeder einzelnen Person,“ findet die 13-Jährige aus Langenbach.

Insgesamt sechs Klassen der Jahrgangsstufen sechs und sieben des Kuseler Gymnasiums werden in jeweils zwei Einheiten vom kampfkunsterfahrenen Kris Natter trainiert. Der 36-Jährige weiß um die Wichtigkeit einer souveränen Körpersprache, wenn es um Abwehrverhalten geht. „Deshalb freut es mich,“ sagt Natter, „wenn ich bei Wiederholungsveranstaltungen merke, dass sich die Teilnehmenden das nachhaltig eingeprägt haben.“ Den Schülern des Gymnasiums bescheinigt er großes Interesse. Das hier Erlernte weiter zu vertiefen, sei Sache jedes Einzelnen. Hier gelte es, die richtigen Impulse zu setzen. Dazu gehöre zu erkennen, wie wichtig es sei, laut und deutlich „Stopp!“ und „Nein!“ sagen zu können, um alltäglichem Mobbing erfolgreich entgegenzutreten.

(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rheinpfalz)

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Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Westricher Rundschau – Nr. 63
DatumDonnerstag, den 14. März 2024
Seite11