Mehr Demokratie, weniger Druck





















Bildungsminister Sven Teuber hat seine frühere Schule besucht. Bei der Stippvisite am Freitagmittag ging’s ums Kontakteknüpfen und -halten, aber auch um die Abschaffung von unangekündigten Hausaufgabenüberprüfungen.
Von Benjamin Ginkel
Kusel. Wo sonst freitagmittags um die Zeit in fast leeren Fluren und der stillen Pausenhalle die Reinigungskräfte wirken, war am Freitag einiges geboten, schließlich hatte sich Besuch aus Mainz angekündigt. Sven Teuber (SPD), der rheinland-pfälzische Bildungsminister, war an seiner früheren Schule zu Gast. Teuber war vier Jahre lang als Lehrer am Siebenpfeiffer-Gymnasium in Kusel (SGK). „Zwei Jahre als Referendar und zwei als Lehrer“, erzählte Schulleiter und Parteigenosse Marco Schneider. Zusätzlich war an dem Tag noch ein Fernsehteam der ARD an der Schule, das einen Beitrag zum Thema Demokratieförderung drehte.
Zu Beginn des Ministerbesuchs mischte sich der neue Landrat Johannes Huber mit seiner Trompete unter die Musiker der Big Band. Gemeinsam mit den Schülern spielte er „Like a Hurricane“. Doch Huber war nicht nur zur musikalischen Unterhaltung da – er äußerte konkrete Anliegen an den Besucher aus Mainz: „Als Schulträger wollen wir bestmögliche Lernbedingungen im Landkreis schaffen, was bei klammen Kassen schwierig ist.“
Der Landrat erinnerte daran, dass mehr als 500 Schüler vor allem aus dem Oberen Glantal zum Schulbesuch ins Saarland oder den Kreis Kaiserslautern ausweichen müssen, weil sie an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Schönenberg-Kübelberg/Waldmohr abgewiesen werden müssen. Huber erneuerte den Wunsch, dass die IGS sechszügig wird. Teuber sagte ein Gespräch zu.
Der frühere Lehrer fühlte sich an seiner alten Wirkungsstätte sichtlich wohl, begrüßte ehemalige Kollegen herzlich und plauderte entspannt mit Schülerinnen und Schülern, die sich in Arbeitsgemeinschaften wie der Weltethos-AG oder mit dem digitalen Nachhaltigkeits-Planspiel Journalismus engagieren. „Ich fühle mich sehr zu Hause hier“, sagte Teuber, der es schade fand, „dass ich hier nicht mehr arbeiten darf“. Doch er setze sehr auf Anregungen und Ideen aus den Schulen, betonte Teuber am Freitag mehrfach: Denn selbst gut ausgebildete Erwachsene könnten von Schülerinnen und Schülern lernen.
Besonders gefreut hat sich Teuber, dass die 2002 ins Leben gerufene und zeitweise von ihm betreute Anti-Rassismus-AG noch immer mit großem Engagement wirkt. Zwar nicht anlässlich, aber genau zum Ministerbesuch hat die Arbeitsgruppe „ihre“ Wand in der Schule wieder einmal neu gestaltet. Rund ums „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“-Schild werden unter anderem neue Plakate aufgehängt.
Ein dickes Lob für den Besucher aus Mainz im Namen nahezu aller Schüler gab es von deren Sprecherin Isabella Laborenz. Die Entscheidung, unangekündigte Hausaufgabenüberprüfungen (HÜs) abzuschaffen, sei „extrem gut angekommen“. Schüler machten sich oft ohnehin schon selbst viel Druck, nun könne man sich auf die Tests gezielt vorbereiten. Schon bei Heranwachsenden auf die mentale Gesundheit zu achten, sei ihm ein wichtiges Anliegen, sagte Teuber, der mit der Entscheidung ein wenig Druck aus dem System habe nehmen wollen.
Wie Schulleiter Schneider am Rande verriet, habe die Mitteilung über das Aus der unangekündigten Tests auch im Lehrerzimmer für spontanen Beifall gesorgt. Teuber: „Die Schülerinnen und Schüler sollen nicht durch Druck lernen, sondern selbstorganisiert und durch eigenen Antrieb.“
Zur Kampagne gegen Schulleiter Marco Schneider im Frühjahr in der Folge eines Aufrufs zu einer „Demonstration für Menschlichkeit, Toleranz und Demokratie“ sagte Bildungsminister Teuber: „Es geht niemals um Wertneutralität. Wir müssen unsere gemeinsamen Werte verteidigen.“ Das gelte auch für Lehrer. Als Beamte sei es deren Aufgabe, den Staat mitzugestalten und die Demokratie aktiv zu verteidigen. Menschen, die die im Grundgesetz festgeschriebenen Werte angreifen, dürften keine Toleranz erwarten. Teuber kündigte an, dass er dabei allen Lehrerinnen und Lehrern im Land Rückendeckung gebe.
Der Schulbesuch am Siebenpfeiffer-Gymnasium in Kusel war am Freitag der dritte des Ministers. „Ich bin fast jeden zweiten Tag an Schulen und Kindertagesstätten im Land unterwegs“, sagte Teuber, denn nur so entstehe ein guter Austausch. Wenn eine Schule etwas entwickele, was gut funktioniere, könne das auch für andere Einrichtungen passen, vielleicht sogar landesweit – „aus der Praxis für die Praxis“.
(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rheinpfalz)
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Quelle
| Ausgabe | Die Rheinpfalz Westricher Rundschau – Nr. 254 |
| Datum | Montag, den 3. November 2025 |
| Seite | 12 |












