Keine Kohle fürs kalte „Gymi“

100 Jahre alt ist das Gymnasium in Kusel geworden. Die Anfänge der Schule jedoch reichen noch viel weiter zurück. Werner Feick, einst Schüler und Lehrer am Gymnasium, hat sich bereits vor längerer Zeit die Mühe gemacht und die Geschichte aufgezeichnet. In dem Archiv, das er dafür durchforstete, machte er so manchen interessanten Fund.

Von Michelle Pfeifer

 
Kusel. Die Idee entstand am Messesonntag vor nunmehr 17 Jahren: Werner Feick, 37 Jahre lang Lehrer am Kuseler Gymnasium für die Fächer Geschichte und Englisch, besuchte mit seiner Frau das Konzert der Big Band der Schule in der Kuseler Kreissparkasse, traf dort auf den damaligen Schulleiter Ralf Hellwig. „Er erzählte mir, dass es ein Archiv des Gymnasiums gebe, das noch nicht durchforscht worden sei und fragte mich, ob ich diese Aufgabe übernehmen wolle. Ich sagte gerne zu, denn die Geschichte unserer Schule interessiert mich sehr und so machte ich mich an die Arbeit“, schreibt Werner Feick in der Einleitung zur Chronik des Gymnasiums Kusel. Das Ergebnis seiner Arbeit, ein Abriss der Geschichte der Schule, hat der frühere Lehrer, der einst selbst Schüler am Gymnasium war, in einer Ausgabe der Westricher Heimatblätter von April 2012 zusammengetragen.

21 Ordner umfasste jenes Archiv, das bis dato noch niemand so richtig angepackt hatte, von dessen Existenz kaum einer wusste. „Ich habe mir jede einzelne Seite angeschaut“, erzählt Werner Feick im RHEINPFALZ-Gespräch anlässlich des 100. Geburtstags der Schule. „Durch diesen Dschungel musste ich durch.“ Die Dokumente waren nicht etwa chronologisch geordnet – das heißt grundsätzlich zwar schon, jedoch wurden die Papiere oft nicht mehr richtig zurückgesteckt, wenn etwas herausgeholt wurde, erzählt der heute 77-Jährige. So umfassten die einzelnen Ordner eine fast hundertjährige Zeitspanne. Wie Ordnung in dieses Sammelsurium bringen, war alsbald die Frage, die sich dem Lehrer stellte, der sich schließlich dazu entschloss, alles so zu belassen, wie es war. Um jenen, die sich künftig für das Archiv interessieren, jedoch das Durchforsten zu erleichtern, erstellte der Pfeffelbacher jeweils Aufstellungen mit kurzen Informationen zum Inhalt und den Jahresdaten. Die wichtigsten Dokumente wurden digitalisiert, um sie für die Zukunft zu erhalten.

Verhängnisvoller Zettel eines Schülers

Was für Feick als Historiker den Reiz an der Bearbeitung des Archivs besonders ausmachte: „Ich kann etwas bearbeiten, was vorher noch keiner gemacht hat“, sagt er schmunzelnd.

„Was da alles drin war“, erinnert sich der frühere Gymnasiallehrer an die vielen Ordner mit ungezählten Dokumenten aus längst vergangener Zeit zurück, die er in mühevoller Arbeit durchstöberte. Auf sämtliche interessanten Funde geht er in seinem Beitrag in den Westricher Heimatblättern ein. Da wäre etwa eine Todesanzeige von einem Schüler, der im Zweiten Weltkrieg fiel. Oder ein Schreiben einer Kuseler Kohlenhandlung, die der Schule in der Nachkriegszeit mitteilte, dass derzeit keine Kohle geliefert werden könne. Die wiederum wurde jedoch zum Heizen des Schulgebäudes benötigt – in jener Zeit blieb die Schule oft kalt. Damals befand sich das Gymnasium im Übrigen noch in einem Gebäude in der Nähe der protestantischen Kirche, hinter dem heutigen Rathaus. Erst 1955, als die Pädagogische Akademie nach Kaiserslautern zog, siedelte die Schule um ins heutige Horst Eckel Haus in der Lehnstraße, Turnhalle und Aula wurden 1958 fertiggestellt.

Was Feick ebenfalls im Archiv entdeckte: ein einkassierter und verwahrter Zettel aus dem Jahr 1947, den ein damals 13-jähriger Schüler im Unterricht mit einer französischen Assistentin einem Mitschüler zustecken wollte. „Böser Herr Schwarz Heute Mittag ficken wir die Fräulein Geniot. Ich habe Sie gefragt Sie hat gesagt sie will ein Kind von uns haben. Du Hilfst verstanden“, ist auf dem eingescannten Originalzettel in den Westricher Heimatblättern zu lesen. Dumm nur: Der Zettel wurde von besagter Assistentin abgefangen – mit verheerenden Folgen für den Verfasser. Der 13-Jährige wurde vom Lehrerrat mit sofortiger Wirkung von der Schule ausgeschlossen.

Auf 1. April 1924 datiert ist die Geburtsstunde des staatlichen Gymnasiums. Die Geschichte der Kuseler Bildungseinrichtung reicht jedoch noch viel weiter zurück. Erste urkundliche Erwähnungen gab es schon 1535, wie Feicks Veröffentlichung zu entnehmen ist. Vor 100 Jahren aber hatte in der Phase beginnender Stabilisierung der Weimarer Republik der Staat die Finanzierung des Schulbetriebs übernommen. Für das Schulgebäude an sich blieb jedoch die Stadt zuständig – zum Ärger der Stadt, die versuchte, auch das Gebäude gegenüber der protestantischen Kirche zu übertragen. Dies scheiterte. Das 1847 erbaute Gebäude entspreche „nur sehr unvollkommen den Anforderungen, die an Schulräume höherer Lehranstalten zu stellen sind“, habe die Regierung der Pfalz dem Direktorat des Progymnasiums 1927 mitgeteilt.

Erst in den 1950ern zog die Schule in die heutige Lehnstraße (fortan war das Land Rheinland-Pfalz für das Gebäude verantwortlich) und konnte so ihr Raumproblem lösen – zunächst. Denn die Schülerzahlen explodierten, wie Feick im RHEINPFALZ-Gespräch berichtet. „Nach kurzer Zeit war die Schule schon wieder zu klein.“ Der Anstieg des Wohlstands sowie die Abschaffung des Schulgelds dürften Faktoren gewesen sein. 1967 wurde der Neubau an der Walkmühlstraße eingeweiht, der inzwischen komplett renoviert ist. Dort ist das Kuseler Gymnasium heute noch zu finden. Seite 2

Info

Werner Feicks Beitrag „Zur Geschichte des Gymnasiums Kusel“ ist erschienen in: „Westricher Heimatblätter“, April 2012.

(veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Rheinpfalz)

https://epaper.rheinpfalz.de/EPaper/PHP-Files/archivedpages.php

Quelle

AusgabeDie Rheinpfalz Westricher Rundschau – Nr. 91
DatumDonnerstag, den 18. April 2024
Seite11